Die Geschichte der Walcker-Orgel in der Großen Evangelischen Kirche in Oberkassel
Die Große Kirche in Oberkassel wurde im Jahr 1908 nach Plänen des Baurates Otto March fertiggestellt. Im gleichen Jahr fertigte die Firma E. F. Walcker aus Ludwigsburg für den Kirchraum die Orgel über dem Altar vorne an, deren Prospekt und einige der technischen Teile auch heute noch vorhanden sind. An der Disposition – also die Gesamtanlage der Orgel – muss wohl der damals sehr bekannte Lehrer Brinkmann beteiligt gewesen sein. Wie aus den Opus-Büchern der Firma Walcker hervorgeht, soll Otto March die Gehäusezeichnungen entworfen haben.
Die Orgel besaß 2 Manuale, Pedal, 27 klingende Register, 2 freie Kombinationen, ein Schwelltritt und einige weitere Spielhilfen. Der Spieltisch soll an der rechten Seite der Orgel gewesen sein. Er ist jedoch heute nicht mehr vorhanden.
In einem landeskirchlichen Gutachten von 1947 wurde bescheinigt, dass die Orgel gründlich renoviert werden müsste, was im selben Jahr noch geschah.
Zehn Jahre später im Jahr 1957 erhielt die Firma Willi Peter aus Köln – Mülheim den Auftrag die Orgel aufgrund von Mängeln zu reparieren. Der damalige Orgelbaumeister schlug eine Verlegung des Instrumentes auf die rückwärtige Turmempore vor, was vom Presbyterium der Gemeinde auch so beschlossen wurde.
Der anstehende Umbau blieb jedoch zunächst wegen betriebsinterner Schwierigkeiten seitens der Firma Peter liegen. Das Presbyterium nahm dann seinen Entschluss zum Umbau aufgrund anderer Projekte in der Gemeinde zunächst zurück. Es erfolgte dann eine Reparatur am Platz vorne im Jahr 1963.
1967 wurde dann der Spieltisch der Walcker-Orgel auf die hintere Empore verlegt, was zu einer Tonverzögerung führte und dann zunächst mit der sogenannten Chor-Orgel versucht wurde aufzufangen (in der hinteren Emporenbrüstung eingebaut).
1972 entschied sich die Gemeinde dann für einen Neubau auf der hinteren Empore, ausgeführt von der Firma Peter und fertiggestellt im Jahre 1975.
Aus denkmalpflegerischen und auch liturgischen Gründen (Verkündigungseinheit von Kanzel, Altar und Orgel) behielt man die Walcker-Orgel auf der Orgelbühne vorne. Ein Großteil der Pfeifen aus der Walcker-Orgel wurde in die neue Peter-Orgel eingearbeitet, was zur damaligen Zeit sehr unüblich war, da man in den 70er Jahren das Klangideal der Romantik als zu weich empfunden hatte. Für uns heute ist es jedoch großes Glück, dass sowohl das Gehäuse, viele Pfeifen sowie weitere Teile der Orgel wie z.B. die Windladen erhalten sind.
Bei einer Standardüberprüfung der Peter-Orgel im Jahr 2017 warf einer der Orgelbauer einen neugierigen Blick in die alte Walcker-Orgel und stellte zum einen leider fest, dass die Orgel von Schimmel befallen ist, zum anderen aber wieviel noch von dieser Orgel erhalten ist.
Und so nahm die Geschichte ihren Anfang und ihren Lauf, auch wenn zunächst gar nicht eine Restaurierung des alten Instrumentes an vorderster Stelle stand. Nach vielen Gesprächen und Recherchen erstellte Manfred Schwartz, Orgelsachverständiger der Ev. Kirche im Rheinland, schließlich nicht nur für die Peter-Orgel, sondern auch für die Walcker-Orgel erst ein Gutachten und dann ein Leistungsverzeichnis. So kam es dann im Sommer 2020 zu einem Ausschreibeverfahren und wir sind sehr glücklich mit der Firma Weimbs aus Hellenthal/ Eifel einen kompetenten Partner an unserer Seite zu haben, der uns dieses historische Instrument restaurieren wird.
Quelle: „Die Geschichte der Orgel in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis“ von Peter Jurgilewitsch und Wolfgang Pütz-Liebenow; Bouvier-Verlag Bonn, 1990 sowie Akten aus dem Archiv der Gemeinde